Aus dem Leben eine Profi Radsportlers - Teil 2
Hallo zusammen,
6 Wochen sind vergangen seitdem ich mich zuletzt hier gemeldet habe. Nach meinen ereignisreichen ersten beiden Monaten März und April mit meiner Grazer Equipe WSA-greenlife galt es Schwung aufzunehmen für die beiden Rundfahrten Tour of Bihor – Belotto UCI 2.2 in Oradea über 4 Etappen und die Tour de Slovaquie UCI 2.1. über 5 Etappen. Die Planung ging in die Richtung, dass ich durch gezieltes Training in den Bergen und schweren Eintagesrennen mich an die hohe Belastung der Rundfahrten gewöhnen wollte. Ende April ging es dabei mit meinem Teamkollegen Helli Trettwer zum GP Rosenheim. Wir konnten von Anfang an dem Rennen unseren Stempel aufdrücken. Helli gewann überlegen das Rennen und ich sich selbst sicherte mir auch noch mit Platz 9 ein schönes Resultat. Von dort aus ging es direkt weiter nach Vorarlberg.
Tags drauf stand für unser Team wieder ein sehr bedeutsames Bundesligarennen beim GP Vorarlberg in Nenzing an. Mittlerweile habe ich mich auch schon an diese Routine gewöhnt, dass nicht vom heimischen Bett ins Rennen gestartet wird, sondern oftmals 1-2 Tage vor dem Rennen die Mannschaft direkt vor Ort zusammenkommt um optimal vorbereitet zu sein. Dazu gehört dann oftmals die Streckenbesichtigung und eine Besprechung der Taktik. Zudem kommt das Rad in den Genuss von unseren Mechanikern nochmal auf Herz und Nieren geprüft zu werden.
In Nenzing erwartete uns am 1.Mai dann aber alles andere als eine schöne Runde durch Vorarlberg. 3 Grad und Dauerregen vom Start weg machten das Rennen mehr zu einem Ausscheidungsfahren der Fahrer, welche mit den Bedingungen am Besten klar kommen. Ich selbst habe damit keine Probleme, da ich im Winter auch auf unseren heimischen Straßen stets die Straße gegenüber der Rolle bevorzuge und so Wind und Wetter geprüft bin. Leider landete ich als Bester der Mannschaft nur auf Platz 14, was zwar an sich ein starkes Resultat ist, aber den Ansprüchen im Team als Continental Equipe nicht genügen kann. Positiv bleibt jedoch, dass ich mit der Taktik Alufolie unter meine Gummiüberschuhe zu ziehen niemals kalte Füße bekommen habe. Ein echter „life-safer“ Tipp.
Eine Woche später ging es dann wieder nach Italien zu einem UCI Rennen der Kategorie 1.2. nach Cremona. Selbstverständlich denkt man, dass in Italien immer schönes Wetter ist, doch auch hier beim Circuito del Porto - Trofeo Arvedi wurden wir von Dauerregen nur so durchgewaschen. Dieses Mal aber zumindest bei wärmeren Temperaturen und auf einem für Italien untypischen flachen Kurs über 175 km. In einem hektischen Finale war ich dann als Sprinter vorgesehen und musste mich ohne Sprintzug gegen die Konkurrenz behaupten. Meine Teamkollegen hatten sich alle zuvor sehr aktiv in Fluchtgruppen gezeigt und waren deshalb im Finale schon ziemlich verbraucht.
Ich konnte mich einigermaßen gut behaupten und es sprang mit Platz 16 zumindest ein Resultat in den Preisrängen heraus.
Nach einigen harten Trainingstagen in Südtirol stieg ich dann ohne Mannschaft beim Rennen in Attenzell wieder in den berühmten Rennsattel. Selbst hatte ich keine großen Erwartungen an mich selbst, da ich davor in 10 Tagen knapp 1000 km im Sattel gesessen war und sichtlich müde war. Doch die Rennbelastung wollte ich mir quasi vor der Haustür als i-Tüpfelchen nicht entgehen lassen. Und es kam anders als von mir erwartet. Nach sehr intensiven Kilometern konnte ich mich im Finale so absetzen, dass ich zusammen mit zwei anderen Fahrern den Sieg ausfuhr. Doch da machten sich die harten Kilometer aus den beiden Trainingswochen bemerkbar und ich hatte das Nachsehen. Trotzdem war ich überglücklich vor den Augen meiner Freundin und meines ersten Trainers Klaus Weber auf das Podium zu steigen. Sicher hatten einige ein solches Ergebnis nach den Vorleistungen erwartet, doch nur weil man in einem Profiteam fährt wird das Rennen keine Sekunde einen Moment leichter. Das bekam ich an diesem Tag deutlich zu spüren.
Die Woche drauf stand wieder Alltag in der Bundesliga für mein Team auf dem Programm. Nachdem ich aber einige Rennen nicht fahren konnte spiele ich dort in der Gesamtwertung keine Rolle für uns. Damit stellte ich mich an den beiden Renntagen in Diex und Völkermarkt voll in den Dienst der Mannschaft, was uns als Topresultat die Plätze 6 und 2 brachte. Somit sind wir mit Helli Trettwer wieder voll dabei im Kampf um das Podium der Bundesliga.
Schlussendlich war es soweit. 9 Etappen in 10 Tagen.
Mittwochs Anreise über Graz nach Oradea in Rumänien. Ich hatte kräftig vorgesorgt in Sachen Planung für Ernährung und Regeneration doch mich erwartete eine wunderschöne moderne Studentenstadt die ich mir in meinem Träumen so nicht erwartet hatte. Und auch die Organisation der Etappen war perfekt gemacht und wir hatten täglich tolle Strecken rund um Oradea. Nach 4 Etappen standen dann für uns 428 km zu Buche und neben einem 3. und 4. Platz im Zeitfahren auch zwei 8.Plätze in der Tageswertung. Gesamt freuten wir uns über Platz 6 im Gesamtklassement insbesondere nachdem wir am letzten Tag das Feld am Berg nochmal von vorne auseinanderfahren konnten. Schon ein besonderes Feeling in der Manier von Teams wie Sky ein Peloton auseinanderzureißen. Selbst belegte ich auf einer Etappe Platz 21 und kam Gesamt auf einem zufriedenstellenden 35. Rang ins Ziel.
Zwei Tage Pause in denen wir versuchten mit einer kurzen und einer Einheit über 4 Stunden unseren Motor in Schwung zu halten. Denn nach dem Transfer nach Levoca stand schon die Tour de Slovaquie auf dem Programm. Diese ist mit der UCI Kategorie 2.1 die dritthöchste Kategorie in der Europe Tour. Somit auch mit insgesamt 3 ProContinental Teams besetzt und damit effektiv auch um einiges schwerer zu fahren. Nach dem Prolog 3,7 km in Levoca ging es für uns über 4 Etappen (212 km, 172 km, 221 km und 153 km) bis nach Trnava. Als Mannschaft verkauften wir uns sehr stark und erreichten mit Platz 7 auf der 3. Etappe und dem 9. Platz Gesamt unsere gesteckten Ziele. Ich selbst sicherte mir auf der 2. Etappen mit Platz 16 auch ein Top 20 Resultat und belegte im Endklassement noch Rang 38. Im Vordergrund steht aber auf diesem Niveau das Team, denn alleine kann man dort nichts erreichen. Die Sprintzüge sind schnell und lassen keinen Platz für Einzelkämpfer, sodass jeder einzelne seinen Beitrag für ein Topergebnis leisten muss.
Hochmotiviert darf ich mich nun erholen und hoffe, dass ich am Sonntag bei unserem Kriterium „Rund um die Ludwig-Thoma Wiese“ dabei sein kann. Im Anschluss geht es eine Woche später dann zur deutschen Meisterschaft der Profis in Chemnitz bevor gleichzeitig zur Tour de France das Highlight für unser Team mit der Österreich Rundfahrt steigt. Vielleicht hat der ein oder andere Lust nach dem Besuch unseres Rennens auch am Kitzbühler Horn oder Großglockner vorbeizuschauen.
Bis Sonntag,
euer Timon